Wie deine Emotionen beim Sprechen hörbar werden

 
 

Sicher kennst du diese Situation: Ein dir vertrauter Mensch ruft dich an und schon nach den ersten Worten, manchmal schon nach dem ersten Atemzug, hast du eine Ahnung, wie es diesem Menschen gerade geht.

WIE du sprichst, bringt deine Emotionen zum Ausdruck.

Dabei hast du gerade weder einen Blick ins Gesicht geworfen, noch den ganzen Körperausdruck vor Augen. Vielleicht hast du nicht einmal genau darauf gehört, WAS der Mensch am Telefon gerade inhaltlich von sich gibt – sondern vor allem auf Stimmklang und Sprechweise geachtet, also auf das WIE.

Vielleicht sagst du dann Sätze wie diese:
„Du klingst gerade sehr traurig. Was ist denn los?“

Oder: „Ich höre dir gerade richtig an, dass du dich freust! Wie schön!“

Umgekehrt funktioniert das natürlich genauso: Nachdem du im Meeting zweimal unterbrochen wurdest, schnaubst du in die Runde: „Lass mich aussprechen!“

Und nachher bekommst du die Rückmeldung: „In dem Moment haben echt alle gehört, dass du gerade richtig wütend bist! Wie sich da deine Stimme verändert hat!“

Tiefe Verbindung zwischen emotionalem Erleben, Stimme und Sprechen

Stimme bringt Emotionen zum Ausdruck: Die Verbindung zwischen dem emotionalen Erleben und dem stimmlich-sprecherischen Ausdruck ist tiefer, als wir vielleicht erkennen.

Die Stimme ist ein Spiegel der Emotionen, sie reflektiert die inneren Zustände – und kann so auch ein machtvolles Werkzeug für menschliche Verbindungen sein.

In diesem Blogartikel erfährst du,

  • was der Unterschied zwischen Emotionen, Gefühlen und Stimmungen ist.

  • wie sich die Basisemotionen Freude, Trauer, Ärger und Angst stimmlich und sprecherisch äußern.

  • wie du dir deiner Emotionen beim Sprechen bewusster werden kannst.

 

Emotion, Gefühl und Stimmung: Was ist der Unterschied?

Im täglichen Leben werden die Begriffe Emotion, Gefühl und Stimmung nahezu synonym verwendet. Doch es lohnt sich, da zu differenzieren – auch, damit du deine eigene Wahrnehmung genauer fassen und reflektieren kannst.

Emotionen sind intensive, kurzfristige Reaktionen auf äußere oder innere Auslöser.

Emotionen sind intensive, oft kurzfristige Reaktionen auf spezifische Situationen oder Ereignisse. Emotionen werden nur von etwas ausgelöst, das für dein psychisches und/oder physisches Wohlbefinden von Bedeutung ist. Wenn etwas nicht wichtig für dich ist, wird es auch keine Emotion auslösen. Emotionen können durch äußere oder innere Auslöser entstehen.

Typische äußere emotionale Auslöser

Ein äußerer Auslöser könnte sein: Deine Chefin ruft dich zu sich und eröffnet dir, dass du so gute Arbeit geleistet hat, dass sie dich nun für ein spezielles Führungs-Programm empfohlen hat und du eine fette Gehaltserhöhung bekommen wirst. Vielleicht spürst du da zuerst die Emotion Überraschung, und dann kommt Freude hoch.

Was innerlich Emotionen auslösen kann

Ein innerer Auslöser könnte sein: In 5 Tagen sollst du in einer wichtigen Sitzung vor einem dir noch unbekannten Publikum einen Sachstandsbericht abliefern. Eigentlich kennst du dich in deinem Thema gut aus – doch erst letztens ist bei einer Präsentation etwas nicht so gelaufen, wie du wolltest. Am Anfang ist dir die Stimme weggebrochen und du musstest dich mehrmals räuspern. Alle haben gemerkt, dass du nervös bist.

Jedes Mal, wenn du dich daran erinnerst, kommt Wut auf dich selbst hoch, verstärkt durch den Gedanken: „Ich habe versagt!“ Und wenn du dann an die Präsentation in 5 Tagen denkst und was da wieder alles schiefgehen könnte, steigt Angst in dir auf.

Auch ‘Kopfkino’ kann starke Emotionen auslösen.

Während dieses ‚Kopfkinos‘ sitzt du vielleicht die ganze Zeit ruhig zu Hause auf der Couch – und allein die Gedanken als innere Auslöser lassen die Emotionen von der Leine.

Emotionen sind also eher kurze Reaktionen, die von wenigen Millisekunden bis zu mehreren Minuten gehen, aber niemals über Stunden andauern.

Gefühle: bewusster, länger anhaltend, kognitiv interpretiert

Im Gegensatz zu Emotionen sind Gefühle bewusster und länger anhaltend. Gefühle entstehen, wenn du deine Emotionen bewusst wahrnimmst, sie reflektierst und mit ihnen in Verbindung trittst.

Sie sind die kognitiven Interpretationen deiner Emotionen, deutlich subjektiver, und können durch deine Gedanken und Erfahrungen beeinflusst werden.

Stimmungen sind länger anhaltend und oft diffuser als Emotionen.

Das Wort Stimmung wiederum beschreibt einen allgemeinen und anhaltenden emotionalen Zustand, der jedoch weniger intensiv und spezifisch ist als eine Emotion. Stimmungen sind oft diffuser und können länger anhalten, wobei sie den Hintergrund für dein Erleben und deine Handlungen bilden.

Im Gegensatz von Emotionen sind Stimmungen weniger direkt an einen bestimmten Auslöser gebunden.

Beispiele für Stimmungen:

  • Die sorgenvolle Stimmung, weil gerade wirklich viel los ist und du dich immer wieder fragst, wie das alles zu schaffen ist.

  • Eine gereizte Grundstimmung im Büro, weil in letzter Zeit wirklich viel schief gegangen ist und das Betriebsklima gerade nicht gut ist.

  • Eine euphorische Stimmung, weil schon seit Tagen alles glatt läuft und du dich richtig kraftvoll fühlst: So, als könntest du der Welt einen Haxen ausreißen.

Stimmungen beeinflussen, wie du die Welt wahrnimmst.

Stimmungen beeinflussen, wie du die Welt wahrnimmst und können von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst werden: deine Umgebung, deine Gedanken, deinen körperlichen Zustand, die Weltlage.

 

Stimme und Stimmung, Sprechweise und Emotion

In dem Wort ‚Stimmung‘ steckt auch das Wort ‚Stimme‘ drin. Stimme und Stimmung sind eng miteinander verbunden, ebenso wie Sprechweise und Emotion. Sie unterscheiden sich dadurch, wie sie sich manifestieren.

Stimme und Stimmung sind allgemeinere Konzepte: Die Stimme bezieht sich auf den physiologischen Klang, auf die Tonhöhe, die Resonanz und ganz individuelle Färbung. Obwohl die Stimmung die Stimme beeinflusst, ist die wahrnehmbare Veränderung nicht immer direkt und spezifisch.

Eine positive oder negative Stimmung kann die allgemeine Tonlage beeinflussen, diktiert aber nicht zwangsläufig, welche Emotion du in jedem Moment ausdrückst.

Emotionen haben viel Einfluss auf deine Sprechweise.

Die Sprechweise ist die Art und Weise, wie du sprichst – einschließlich des Sprechtempos, der Betonung, des Tonfalls und der Artikulation. Diese verschiedenen Aspekte können sehr stark von deinen momentanen Emotionen beeinflusst werden.

Die Stimme als physiologischer Ausdruck und die Sprechweise als das Werkzeug deiner Kommunikation reflektieren beide auf unterschiedliche Weise deine emotionalen Zustände.

Die Stimmung schafft dabei einen allgemeineren Hintergrund, der die Stimme beeinflusst. Die Emotionen manifestieren sich direkter in deiner Sprechweise, indem sie bestimmte Merkmale und Nuancen hervorbringen, die für eine spezifische Emotion charakteristisch ist.

 
 

Wie sich die 4 Basisemotionen beim Sprechen äußern

Werfen wir jetzt im nächsten Schritt einen Blick darauf, wie sich die Basisemotionen beim Sprechen äußern.

Basisemotionen sind primäre, angeborene Gefühlszustände wie Freude, Ärger, Trauer oder Angst. Sie treten universell und unabhängig von Kultur und Umwelt auf und stellen grundlegende Reaktionsmuster auf spezifische Situationen dar.

Ärger, Freude, Trauer und Angst zeigen sich in der Sprechweise.

Wie werden also Ärger, Freude, Trauer oder Angst beim Sprechen hörbar?
Wie verändert sich die Sprechweise durch diese Emotionen?

Lass uns die typischen phonetischen Merkmale der Basisemotionen, also was akustisch wahrnehmbar ist, miteinander durchgehen.

 

Ärger gibt dir die Kraft, um ein Hindernis zu beseitigen.

Ärger tritt immer dann auf, wenn dich jemand daran hindert, ein Ziel zu erreichen, wenn etwas Ungerechtes passiert oder wenn Werte nicht respektiert oder verletzt werden.

Typische Situationen im Arbeitskontext, die Ärger triggern, können sein: Du hast dich intensiv auf eine Präsentation vorbereitet und stehst in den Startlöchern – und dann wird der Termin last-minute-mäßig abgesagt. Du gehst zu deiner Kollegin und machst deinem Ärger bei ihr Luft.
Oder: Du argumentierst gerade für eine wichtige Neuerung bei euch in der Abteilung, aber zum wiederholten Male grätscht dir der Kollege ins Wort.

Bei Ärger wird die Stimme lauter, das Sprechtempo schneller und der Tonfall schärfer.

Bei Ärger verändert sich die Tonhöhe der Stimme: Sie wird in der Regel höher. Manchmal kann sie auch tiefer werden, etwa wenn du etwas verärgert wie ‚durch die Zähne‘ hervorpresst – dann ist der Stimmklang eher dumpf und gepresst.

Die Stimme wird, wenn du verärgert oder empört bist, lauter und oft sind auch größere Lautstärkevariationen hörbar. Dass du aufgebracht bist, wird sich außerdem in einem schnelleren Sprechtempo äußern und dass das Sprechtempo nur gering variiert wird. Der Tonfall ist schärfer, wenn du ungehalten bist und die Artikulationsspannung ist bei Ärger ist sehr hoch.

 

Trauer: Verlorene Ressourcen zurückbekommen und Hilfe erhalten

Trauer wird immer durch den Verlust einer geliebten Person oder eines geliebten Objekts getriggert – und natürlich kann es auch traurig machen, wenn du diesen Verlust einfach nur gedanklich vorwegnimmst.

Die Funktion von Trauer ist, einen Hilferuf auszusenden oder verlorene Ressourcen möglichst wiederzuerlangen.

Im beruflichen Kontext könnte Trauer entstehen, wenn du dich intern für eine Stelle beworben hast – und dann erfährst, dass dir eine andere Person vorgezogen wurde. Oder deine Kollegin, die dir in den letzten Jahren so ans Herz gewachsen ist, eröffnet dir plötzlich, dass sie zu einem anderen Unternehmen wechseln wird.

Bei Trauer wird die Stimme leiser und tiefer, das Sprechtempo langsam und der Sprechrhythmus unregelmäßig.

Trauer wird stimmlich und sprecherisch hörbar durch eine geringe Lautstärke, also eher leises Sprechen und sehr wenige Lautstärkevariationen. Die Stimme wird eher tiefer, wenn du unglücklich oder niedergeschlagen bist.

Es kann auch gut sein, dass die Stimme heiser, rau oder verhaucht klingt bei Trauer. Das Sprechtempo ist eher langsam und die Artikulation unpräzise: Du nuschelst mehr so in dich hinein. Außerdem ist der Sprechrhythmus unregelmäßig, wenn du traurig bist und es kann zu verstärkten Pausen beim Sprechen kommen.

 

Freude befähigt dich, motiviert und kooperativ in die Zukunft zu blicken.

Freude durchströmt dich, wenn du ein für dich wichtiges Ziel erreichst, wenn ein Wunsch in Erfüllung geht oder eine Erwartung befriedigt ist. Außerdem entsteht Freude, wenn ein Bedürfnis erfüllt ist. Die Funktion von Freude ist es, dass Kooperation entsteht und sich für ähnliches Verhalten auch zukünftig zu motivieren.

Vielleicht tanzt das ganze Team vor Freude, wenn ihr einen wichtigen Preis für eine besondere Leistung gewonnen habt. Oder du verspürst Freude bei einer besonders guten Rückmeldung von einem Kunden – und erzählst deinem liebsten Menschen davon. Oder du sprichst richtig begeistert und engagiert über ein Thema, das dir besonders am Herzen liegt.

Bei Freude artikulierst du präziser; sprichst lauter, schneller - und mehr.

Dann verändert sich bei Freude das in Stimme und Sprechweise: Deine Sprechstimmlage wird höher, wenn du dich freust. Du sprichst lauter als sonst, wenn du enthusiastisch oder begeistert bist. Der Stimmklang ist klar und du sprichst deutlich schneller als sonst.

Die artikulatorische Spannung ist hoch und du artikulierst sehr präzise. Alles, was du sagst, ‚klingt‘ freudig und es kann gut sein, dass du in diesem euphorischen Überschwang auch deutlich mehr sprichst, als sonst.

 

Angst ist wichtig, um Schaden zu vermindern oder Bedrohungen aus dem Weg zu gehen.

Angst wird getriggert, wenn das körperliche oder psychische Wohlbefinden bedroht ist. Dafür muss die Bedrohung nicht wirklich greifbar sein: Es genügt oft schon, sich in einer neuen oder unbekannten Situation zu sein oder wenn wir uns nicht sicher sind, ob die Herausforderung gut zu bewältigen ist.

Die Funktion von Angst ist nämlich, die Bedrohung möglichst zu vermeiden und den erwarteten Schaden so gering wie möglich zu halten.

Sprechangst ist ein großes Thema in vielen Rhetoriktrainings.

Die Emotion Angst spielt natürlich rund um Rhetorik und Kommunikation eine große Rolle: Viele meiner Blogartikel drehen sich ausschließlich um das Thema Sprechangst. Die Angst vor dem Sprechen vor und mit anderen ist immer wieder das, was Menschen für ein Rhetoriktraining motiviert.

Typische Momente, die Angst auslösen können: Die unerwartete Ankündigung, jetzt gleich das schwierige Meeting zu moderieren oder eine Präsentation zu halten. Oder die Aussicht, mit dem Chef das Gehalt neu zu verhandeln. Oder die Anfrage für eine Podiumsdiskussion, bei der (neben dir selbst) auch viele andere Expert:innen sprechen werden.

Bei Angst sprichst du höher und leiser, schneller und undeutlicher.

Bei Angst wird die Stimme höher und oft auch leiser und verhauchter. Es gibt nur noch geringe Lautstärkevariationen, wenn du besorgt und angespannt bist. Oft wird das Sprechtempo deutlich schneller und die Artikulationsspannung wird geringer.

Wahrscheinlich artikulierst du undeutlicher, wenn die Angst zupackt. Die Modulation der Stimme ist leicht aufwärtsgerichtet: hier kann also auch die Tendenz zu Hochschlüssen zunehmen. Das meint, dass du am Ende eines Satzes nicht mehr mit der Stimme nach unten gehst, sondern quasi Komma nach Komma reihst.

 

Was du tun kannst, um deine Emotionen beim Sprechen bewusster wahrzunehmen

Achtsamkeit hilft, um deine Emotionen beim Sprechen bewusster wahrzunehmen. Wie immer, wenn es um Achtsamkeit geht, ist das Ziel im ersten Schritt nicht die Veränderung, sondern das achtsame Benennen.

Also nicht: „Aaaah, ich fühle Trauer! Die soll weggehen! Ich will viel lieber Freude spüren!“

Sondern, einfach nur: „Ah. Da ist Trauer.“

Achtsamkeit und Akzeptanz nehmen auch eher unangenehmen Emotionen den Schrecken.

Achtsamkeit und Akzeptanz jedweder Emotion gegenüber helfen, ihnen ihren ‚Schrecken‘ zu nehmen.

Natürlich fühlt sich Angst anders an als Freude. Natürlich ist es angenehmer, Interesse oder Liebe zu fühlen, als Trauer oder Scham.

Das ändert jedoch nichts daran, dass auch ‚schwierigere‘ Emotionen gefühlt werden wollen, damit sie sich dann auch wieder gut lösen können. Starte also damit, deine Emotionen achtsam wahrzunehmen.

Achte auf die körperlichen Reaktionen deiner Emotionen.

Dann mach dir auch die körperlichen Signale und Reaktionen bewusst, wenn du diese emotionale Qualität spürst. Was verändert sich da beim Herzschlag, bei deiner Atmung, der Muskelspannung oder in deiner Mimik? Lerne diese Reaktionen kennen.

Feedback unterstützt dich, um das Sprechverhalten bei starken Emotionen zu reflektieren.

Natürlich kann es auch sehr unterstützend wirken, dir Feedback einzuholen: Bitte liebe Menschen, dir aus ihrer Wahrnehmung zu beschreiben, was sich in deiner Stimme und Sprechweise ändert, wenn du mit starken Emotionen sprichst. Das kann wie ein Spiegel wirken, sodass du dann besser mit den Emotionen beim Sprechen umgehen kannst.

Emotionale Vorgänge bewusst haben, um sie wirkungsvoll nach außen auszudrücken.

Wenn du dich mit deinen Emotionen beim Sprechen beschäftigst, wirst du dir deiner inneren Vorgänge immer bewusster – und kannst sie auch nach außen gut ausdrücken und in die Wirkung bringen.