3 wirkungsvolle Prinzipien für dein Sprechen

 
Vom Theater lernen. Rhetorik Training.png
 


Neben der Rhetorik ist das Theater meine große Liebe. Anfang 2018 habe ich ein besonders schönes Stück am Mainfranken Theater in Würzburg inszeniert: ‘Heisenberg’. Es geht darin nicht um den Physiker gleichen Namens – dafür um eine ganz besondere Liebesgeschichte und ums Leben, Moment für Moment. 

Ich war zutiefst dankbar für diese Arbeit am Theater. In den letzten Jahren ist die Rhetorik für mich immer mehr in den Fokus gerückt, und das ist wunderbar. Neben der Rhetorik und meiner Familie in Berlin war für das Theater und mein eigenes Regie-Führen immer weniger Platz.

Doch dann kam ein Inszenierungs-Angebot vom Mainfranken Theater in Würzburg: und es passte. Schöne Anfrage, interessantes Stück, coole Gelegenheit: familiär und zeitlich ließ es sich gerade gut einrichten und ich war sehr froh, diese Möglichkeit wahrnehmen zu können.

Durch das Regie-Führen wurde mir einmal mehr ganz plastisch bewusst, wie dicht die beiden Bereiche Rhetorik und Theater miteinander verbunden sind! Wie wichtig bestimmte Prinzipien der Schauspiel-Bühne auch für die Rhetorik und damit für jedes Sprechen sind.

 

Wie nah Theater und Rhetorik beieinander liegen

Am Theater denke ich mich gemeinsam mit meinem Team Situation für Situation in fremde Leben hinein. Sprache, innere Haltung und Körperausdruck spielen dabei eine riesige Rolle.

Ausgehend von einer einzelnen Textzeile (und dann der nächsten und der übernächsten) finden wir miteinander heraus, welche inneren Welten, welche Konflikte und Gedanken hinter einem kleinen Satz stecken. Und wie dieser Satz durchs Sprechen und Handeln auf der Bühne lebendig werden kann. Ich beobachte die wunderbaren Darsteller*innen und gebe ihnen fortlaufend Feedback.

Genaues Beobachten und präzises Beschreiben sind auch die Basis meiner Arbeit in der Rhetorik, wenn ich mit Klient*innen an Vorträgen feile oder Kommunikations-Seminare gebe. Auch hier stehen am Anfang Ideen und Inhalte, die dann Satz für Satz verständlich vermittelt werden. Körper und Stimme spielen dabei eine zentrale Rolle: schließlich sind sie die Ausdrucksmittel, durch die alle Informationen hör- und sichtbar werden.

In der Regie wie in der Rhetorik stoße ich immer wieder auf diese 3 Prinzipien, die für das Sprechen vor Publikum zentral sind. Dabei ist es egal, ob du vor 4 Leuten bei einem beruflichen Meeting sprichst, einen Vortrag auf einer Konferenz hältst oder dich in der Student*innen-Versammlung zu Wort meldest. Es sind die gleichen Prinzipien, die für das Sprechen in einer Inszenierung vor einem vollen Theatersaal gelten.

 

1. Warte, bis du bereit bist. 

Fang erst zu sprechen an, wenn dein Geist sich gesammelt hat. Beim öffentlichen Sprechen und auf der Bühne geht es darum, DA zu sein: mit Körper und Geist. Nimm dir Zeit vor deiner Präsentation oder bevor du im Meeting das Wort ergreifst: komm an, konzentriere dich, atme durch und mach dir bewusst, worum es dir gerade geht.

Ja, das dauert vielleicht ein paar Momente. Dann ist das so. Allemal besser, als wenn du überstürzt zu sprechen beginnst und erst beim 3. Satz in der neuen Situation ankommst. Denn erst, wenn du innerlich und äußerlich bereit bist, entfalten deine Worte ihre volle Wirkung.

Dieses Prinzip lässt sich natürlich bei Präsentationen deutlich besser anwenden, als wenn du während eines Meetings etwas sagen willst. Schließlich hast du bei einer Vortrags-Situation die Bühne für dich und stehst allein vor deinen Zuhörer*innen. Da hast du die Kontrolle über die Zeit.

Im Meeting musst du dich und deine Positionen unter Umständen gegen mehrere Leute durchsetzen. Da stehst du unter einem anderen Zeit-Druck: entweder du sagst jetzt etwas, oder der Moment ist verstrichen. Doch auch da geht es nicht darum, dass du gehetzt zu sprechen beginnst. Triff vielmehr eine klare Entscheidung, wann du zu sprechen anfängst. Sag dir: ‘Jetzt ergreife ich das Wort.’ Dann wirst du auch bereit sein, deine Botschaft wirkungsvoll anzubringen.

Diese Form von Bereit-Sein hat nichts damit zu tun, dass du noch mehr Wissen anhäufen, noch etwas recherchieren oder einen günstigen Moment abpassen musst, um etwas zu sagen. Sondern damit, dass du innerlich bereit bist und eine Entscheidung triffst, wann du zu sprechen beginnst. Und es dann auch wirklich tust.

2. Verbinde Inneres und Äußeres miteinander. 

Beim Proben eines Theater-Textes wird jede einzelne Zeile durch die Darsteller*innen in einen lebendigen Sprech- und Körperausdruck übersetzt. Dabei gibt es für jeden Satz eine Vielzahl von Möglichkeiten, ihn zu sprechen. Mit jeder Veränderung des äußeren Ausdrucks ändert sich der innere – und umgekehrt.

Auch in der Rhetorik sind innerer und äußerer Ausdruck aufs Engste verbunden. So eng, dass ich gern sage: ‘Du kannst von innen nach außen arbeiten – oder von außen nach innen.’

Konkret bedeutet das, dass sich durch eine kleine äußere Veränderung schnell etwas in der inneren Empfindung wandelt: deswegen macht es einen Unterschied, ob du sicher und gut verwurzelt stehst oder wie aufgerichtet dein Oberkörper ist. Ebenso funktioniert es andersrum: wenn du innerlich klar und fokussiert bist, spiegelt sich das in deinem körperlichen und sprecherischen Ausdruck.

Überzeugungskraft entsteht da, wo sich innerer und äußerer Ausdruck synchronisieren. Das passiert etwa, wenn du innerlich voll Engagement und Begeisterung für eine Sache bist und sich diese engagierte Haltung auch in Körper und Stimme ausdrückt.

Die Verbindung von Innerem und Äußerem klappt besonders gut, wenn du dir bewusst machst, worum es dir geht und was du erreichen möchtest. Und wenn du dann den passenden äußeren Ausdruck dafür findest. Genauso kannst du natürlich der inneren Überzeugung einen kleinen Anstupser geben, indem du mit starkem körperlichen Ausdruck äußerlich voran schreitest.

Dieses Prinzip wendet die Wissenschaftlerin Amy Cuddy z.B. mit ihrer Erforschung von Power-Posen an. Ihren sehr spannenden TED-Talk zu dem Thema kannst du dir hier ansehen.

 

3. Sprich gerichtet.

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Jedes Sprechen braucht eine Richtung. Damit Aussagen ankommen, müssen sie gerichtet sein. Wenn du dein Sprechen an niemanden adressierst, wenn sich niemand gemeint fühlt, fällt dein Satz zwischen dir und deinen Zuhörer*innen buchstäblich auf den Boden.

Deswegen ist Blickkontakt beim Sprechen vor Publikum so wichtig: damit wird es leichter, eine Aussage direkt zu ‚senden‘. Es ist ein bisschen wie Ballspielen: wenn du weißt, wo dein Ball ankommen soll, kannst du Intensität deines Wurfes und die Zielrichtung genau bestimmen.

Bei einer sprecherischen Grundübung zum Senden verwende ich z.B. auch sehr gerne einen Ball. Dabei steht die Gruppe von Seminarteilnehmer*innen im Kreis: sie werfen einander einen Ball zu und sprechen dazu einfache Sätze. Ziel ist, nach dem Ballwurf die Sprech- und Körperspannung so lange zu halten, bis der Ball bei der Empfängerin gelandet und der Satz zu Ende gesprochen wurde. Dann erst, wenn die Botschaft (und der Ball) sicher angekommen sind, wird die Spannung gelöst und die Teilnehmerin nimmt ihre Ausgangsposition wieder ein.

Bei dieser Übung wird klar, wie oft es uns passiert, dass Botschaften nicht bis zum Ende ‘gesendet’ werden. Wie oft die verbalen (und auch die ganz realen) Bälle einfach runterfallen und ihr Ziel nicht erreichen.

Durch Übung und Bewusstsein verändert sich dann Wurf-für-Wurf das Sendungsverhalten und die Botschaften kommen an. Auch hier ist natürlich wieder das Ziel, innere Haltung (‘Ich will dir etwas Wichtiges mitteilen.’) und äußeres Verhalten (‘Ich nehme eine Beziehung zu dir auf und spreche dir einen Satz direkt zu.’) in Übereinstimmung zu bringen.

Schnelle Dialogwechsel auf der Bühne haben oft etwas von einem Ball-Match. Da spielen sich die Darsteller*innen die Sätze präzise und präsent zu: jedes Argument, jede Spitze, jede Pointe sitzt. Damit das klappt, wird wochenlang trainiert. So lange geprobt, bis jeder verbale und körperliche Ball-Wurf ankommt.

Auch beim Vortragen spielst du deine Inhalte deinem Publikum zu. Je gerichteter du das tust, desto besser kommen sie an. Dazu mach dir klar, was du senden möchtest und wen deine Worte unbedingt erreichen sollen. Und dann: lass den Ball fliegen. Jeder Satz darf treffen, sodass deine Botschaft verfängt.