Power Posing: Was es dir bringt

 
 

Unsere Sprache ist voll von Bildern und Formulierungen, die das äußere Auftreten mit der inneren Wirkung verknüpfen.
„Da hab ich mich sooo klein mit Hut gefühlt.“
„Sie hat sich richtig an den Haaren aus dem Sumpf rausgezogen.“
„Er hat einen großen Auftritt hingelegt!“
„Sie kam hoch erhobenen Hauptes aus dem Gespräch!“

Hieran merkst du schon: Es gibt eine empirische und sprachlich ausgedrückte Verknüpfung zwischen äußeren Faktoren des Körperausdrucks und dem inneren Befinden.

 

Bist du heute ‘klein mit Hut’ oder legst du ‘einen großen Auftritt’ hin?

Vielleicht hast du es auch schon an dir selbst oder an Menschen in deinem Umfeld beobachtet: An Tagen, an denen es dir nicht so gut geht, faltest du dich eher körperlich zusammen und nimmst weniger Raum ein.

Möglicherweise verschränkst du deine Arme vor der Brust, um dich zu wärmen oder legst deine Beine übereinander, ziehst deine Schultern hoch. Der Körper drückt nach außen aus, wie es dir gerade energetisch und emotional geht.

Und dann gibt es andere Momente, an denen du ‚der Welt einen Haxen ausreißen‘ kannst, wie wir auf österreichisch sagen. Tage, an denen du vor Lebensfreude und Übermut nur so sprühst: Was für ein anderer körperlicher Ausdruck!

Wieviel Kraft, wieviel Energie sich da auch in deinem Körper ausdrücken! Oder wie war das, als du letztens ein Lob, eine Beförderung oder ein tolles Kompliment bekommen hast: Hat sich da dein Rücken gestrafft, dein Kinn erhoben und hast du übers ganze Gesicht gestrahlt?

 

Embodiment: Gedanken, Gefühle und der Körper hängen zusammen.

Gedanken und Gefühle beeinflussen deine Körperhaltung. Das wird Embodiment genannt und bezeichnet die Wechselwirkung zwischen dem Körper und psychischen Zuständen. Doch auch andersherum wird ein Schuh draus: Deine Körperhaltung nimmt Einfluss darauf, wie du dich fühlst.

Populär wurde dieser Gedanke erstmals durch die Wissenschaftlerin Amy Cuddy und einen TED-Talk, den sie gehalten hat. Er gehört noch immer zu den meistgesehenen TED-Talks überhaupt. Mittlerweile wurde ihre Forschung weit diskutiert, in Teilen widerlegt und sie hat ein Buch zu dem Thema geschrieben: ‚Dein Körper spricht für dich‘. Amy Cuddy hat den Begriff ‚Power Posen‘ geprägt: Durch sie wurde das ‚Power Posing‘ so richtig bekannt.

 

‘Low Power’ oder ‘High Power’ Posen: Wenn der Körper spricht.

Genauer gesagt wird zwischen ‚Low Power‘ Posen und ‚High Power‘ Posen unterschieden.

Low Power Posen: Klein, zusammengefallen, eingesunken, angespannt

Dabei bezeichnen die ‚Low Power‘ Posen jene Körperhaltungen, die eher klein, zusammengefallen, eingesunken, angespannt sind: überschlagene Beine, überkreuzte Arme, hochgezogene Schultern, zusammengekrampfte Hände, Standbein-Spielbein-Haltungen. Alles Positionen, die insgesamt eher wenig Raum einnehmen. Und die du eben eher automatisch einnimmst, wenn es dir nicht gut geht, du dich traurig oder ängstlich fühlst oder gerade wenig Energie hast.

High Power Posen: Groß, breit, weit, offen, symmetrisch

Die ‚High Power‘ Posen hingegen sind Positionen, bei denen der Körper sich groß macht, alles breit, weit, offen wirkt. In den Himmel gestreckte Arme, in die Hüften gestützte Hände, hinter dem Kopf gefaltete Arme, breite Beine. Alles sehr zentriert und symmetrisch, mit viel physisch eingenommenem Raum. Das sind Körperpositionen, die du eher einnimmst, wenn es dir gerade gut geht, wenn du voll in deiner Kraft stehst, wenn du dich und das Leben feierst.

Die ‚High Power‘ Posen werden eher mit Dominanz und Selbstbewusstsein assoziiert, die ‚Low Power‘ Positionen mit wenig Energie, Durchschlagskraft und einem eher niedrigen Selbstbewusstsein.

 

High Power Posen wirken sich auf das Erleben von Selbstbewusstsein aus.

Amy Cuddy erforschte, welche Auswirkungen es hat, wenn Menschen vor einem wichtigen Termin etwa 2 Minuten eine ‚High Power‘ Pose einnehmen. Die Studienteilnehmer:innen wurden in dem nachfolgenden Gespräch nicht nur als besonders selbstbewusst wahrgenommen, sondern fühlten sich auch deutlich besser als die Vergleichsgruppe, die vor einem Gespräch einige Zeit in ‚Low Power‘ Positionen dasaß. Cuddys Studien wiesen auch auf hormonelle Veränderungen bei den Teilnehmer:innen mit ‚High Power‘ Posen hin – dieses Ergebnis konnte jedoch bei nachfolgenden Vergleichsstudien nicht nachgewiesen werden.

Metastudien zeigen allerdings in jedem Fall auf, dass es starke selbstberichtete Effekte durchs Power Posing gibt: Die Menschen, die bewusst breite, weit aufgefächerte Körperhaltungen einnehmen, fühlen sich nach einer Weile auch machtvoller und selbstbewusster. Das kann sich wiederum auf das Verhalten auswirken: Also auf die Art, wie du auf andere Menschen zugehst (Blickkontakt, fester Händedruck) oder wie entschlossen du eine neue Aufgabe angehst.

 

Power Posen zum Ausprobieren

Wenn du die Wirkung des Power Posings für dich ausprobieren möchtest, dann empfehle ich dir diese beiden Positionen vorrangig:

Die Sieger:innen-Pose: Als hättest du gerade einen Marathon gewonnen!

Für die Sieger:innen-Pose stellst du dich in einem etwas breiteren Stand hin und streckst beide Arme über deinen Kopf nach oben. So, als hättest du gerade einen Marathon gewonnen oder etwas anderes erreicht, was du dir sehr lange gewünscht hast. Auch der Kopf ist nach oben gerichtet und wenn du dazu noch dein breitestes Sieger:innen-Lächeln aufsetzt, kannst du die ganze Kraft dieser Pose entfalten.

Wonder Woman-Pose: So nimmst du es mit jedem Schurken auf!

Eine andere schöne Position ist die Wonder-Woman-Position: Auch hier stellst du dich etwas breitbeiniger (aber immer noch stabil) hin und stemmst beide Hände in die Hüfte. Achte darauf, dass der Oberkörper gerade ist und lass die Schultern entspannt. Auch hier kannst du das Kinn etwas höher halten – dazu ein herausfordernder Blick, der sagt: “Mit dir nehme ich es locker auf, Schurke!” Fertig ist die Wonder-Woman-Position.

Welche innere Resonanz spürst du auf dein Power Posing?

Halte jede Position für mindestens 1-2 Minuten und achte auf die innere Resonanz, die es in dir darauf gibt. Vielleicht stellst du bald fest, dass es nahezu unmöglich ist, diese Power Posen zu halten – und sich gleichzeitig klein und unwichtig zu fühlen. Und das ist auch gut so! Körper und Geist verhalten sich einfach synchron: Auf die äußere Macht-Position antwortet das innere Erleben sehr schnell.

 

Power Posen im Gespräch und bei einem Auftritt

Ich werde oft gefragt, ob die Power Posen sich auch gut dafür eignen, sie im Gespräch anzuwenden: Hier ist meine Antwort: ‚Nein‘. Die oben geschilderten Power Posen sind von ihrer schieren körperlichen Entfaltung sehr extrem – und sie sind statisch.

In einem Gesprächs-Setting verändern wir unseren Körperausdruck immer wieder: Wir nehmen Beziehung zu unserem Gegenüber aus, begleiten unsere Wortmeldungen mit Gestik und gehen auch emotional auf das ein, was die andere Person sagt, stellen Fragen. All das verträgt sich nicht gut mit einer statischen Power Pose: Diese Positionen sind eher dazu geeignet, das eigene Erleben vor dem Gespräch positiv zu beeinflussen und mehr Selbstbewusstsein zu suggerieren.

Das ‘Beste’ des Power Posings auch im Gespräch wirksam werden lassen.

Doch du kannst ‚das Beste‘ von den Power Posen in eine Gesprächs- oder Redesituation übertragen: Einen aufgerichteten, zugewandten, wohlgespannten, symmetrisch ausgerichteten Körper.

Wenn ich mit meinen Klient:innen die optimale Körperposition für Vorträge und Redeauftritte erarbeite, dann sieht sie so aus: Etwa hüftbreiter Stand, lockere Knie, gerade im Oberkörper, breit im Brustbereich (‚innerer Scheinwerfer‘), gerader und aufgerichteter Kopf. Idealerweise ist etwas ‚Luft‘ unter den Achseln, sodass die Arme nicht eng am Körper anliegen, sondern sich jederzeit bewegen und durch lebendige Gestik unterstützen können. So eine Körperhaltung hat eine enorme Kraft – und ist eine kommunikationsfreundliche Power Pose.

Im Sitzen, in Gesprächen, kannst du ebenso auf einen offenen, wohlgespannten Körperausdruck achten: Füße hüftbreit nebeneinander aufgestellt, aufgerichtet und gerade im Oberkörper, erhobener Kopf. Auch hier solltest du die Hände jederzeit ‚frei‘ haben, um deine Worte gestisch zu untermalen.

 

Rhetorik Training bezieht immer auch den sprechenden Körper mit ein!

Wirksames Rhetorik- und Kommunikationstraining bezieht immer auch den sprechenden Körper (im doppelten Sinne) mit ein: Es ist so gut wie unmöglich, jemanden argumentativ von einer Sichtweise oder Handlung zu überzeugen, und gleichzeitig den Kopf zu Boden zu senken, ständig Stand- und Spielbein zu wechseln und die Hände nervös ineinander zu verkrampfen. Der Körperausdruck sollte den Inhalt einer Aussage immer optimal unterstützen.

Also lieber einen guten Stand einnehmen (und auch dadurch deinen Standpunkt klarmachen), Blickkontakt aufnehmen und zugewandt agieren.

 

Power Posing für deine äußere Wirkung und dein inneres Erleben

Probier es einfach einmal selbst aus: Power Posing bringt viel für deine äußere Wirkung und dein inneres Erleben. Du fühlst dich selbstbewusster. Du wirkst kraftvoller auf andere. Du schärfst deine Wahrnehmung für dein emotionales Erleben, deinen Körper und dafür, wie du dich in Rede- und Gesprächssituationen optimal aus- und aufrichten kannst.

Dadurch kann das Power Posing deinen kommunikativen Erfolg steigern und für eine angenehme Gesprächsatmosphäre auf beiden Seiten sorgen. Auf dass du nach einem Gespräch sagst: „Heute war ich wirklich ‚auf Zack‘!“