Du bist nicht allein mit deinem Lampenfieber!

 
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Es ist fast egal, wie du es nennst: Lampenfieber, Redeangst, Sprechangst, Nervosität vor dem Sprechen oder ‚diese verdammte Aufregung, wenn ich vor Leuten rede.‘

Vielleicht hast du auch gar keinen Namen dafür, sondern bemerkst nur ein Knäuel aus Gedanken und Gefühlen, wenn du vor anderen Menschen sprechen sollst.

Ich nenne diese seltsame Mischung der Einfachheit halber ‚Lampenfieber‘. Ein Begriff, der ursprünglich aus der Theater-Praxis kommt. Er hat sich aber ganz allgemein auch für die Nervosität vor dem öffentlichen Sprechen eingebürgert.

 

Die Angst, von anderen beurteilt zu werden...

Und ich finde, Lampenfieber klingt lange nicht so drastisch wie ‚Sprechangst‘ oder ‚soziale Angst‘. Obwohl Lampenfieber und Sprechangst zu den ‚sozialen Ängsten‘ gehören. Sie fallen uns immer dann an, wenn es darum geht, wie wir in den Augen anderer Menschen aussehen und bestehen. Wenn wir von anderen beurteilt werden können und für uns etwas auf dem Spiel steht.

Deswegen tritt Lampenfieber verlässlich immer dann auf, wenn dir etwas wirklich wichtig ist. Und besonders häufig, wenn es um eine öffentliche Sprech- oder Prüfungssituation geht.

Klar, denn dann präsentierst du dich vor den Augen anderer und es geht darum, wie sie dich wahrnehmen. Wie gut du in einer bestimmten Situation bestehst und wie vollständig du deinen eigenen Ansprüchen gerecht werden kannst.

Schließlich ist für uns alle nichts schlimmer, als vor anderen Menschen zu versagen. Irgendwo in den hinteren Gehirnwindungen sitzt diese Angst: sich lächerlich zu machen, etwas ‚nicht so Schlaues‘ zu sagen oder negativ beurteilt zu werden. Je mehr Augen sich auf uns richten, desto größer wird oft die Nervosität.

 

Lampenfieber ist ein brennendes Thema in der Rhetorik. 

Deswegen ist Lampenfieber auch so ein wichtiges Thema in der Rhetorik: ein Dauerbrenner. Denn wo es um das öffentliche Sprechen vor Menschen geht, da lauert das Lampenfieber mit all seinen Fallstricken direkt daneben.

Die Sehnsucht ist groß, Lampenfieber zum Verschwinden zu bringen, es abschalten zu können oder einfach nicht mehr nervös zu werden beim Sprechen vor anderen. 

Diese gesteigerte Nervosität vor dem Sprechen soll sogar der Hauptgrund für den Besuch von Rhetorik-Seminaren sein. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich das bestätigen: es ist auf jeden Fall in jedem meiner Seminare ein wichtiges Thema für meine Teilnehmer*innen.

 

Lampenfieber äußert sich bei jeder Person anders.

Die Symptome von Lampenfieber wiederum äußern sich bei allen Menschen unterschiedlich. Bei der einen klopft das Herz besonders schnell. Die andere bekommt schwitzige Hände, der nächsten zittern die Knie. Viele kennen auch das Gefühl, dass der Mund trocken wird oder im Hals plötzlich ein Kloß steckt.

Manche haben auch panische Angst davor, rot zu werden und spüren ganz genau, wann die Röte ins Gesicht einfährt. Dazu kreisen die Gedanken oft um ein mögliches Versagen oder um die Angst vor einem Blackout beim Sprechen.

Das alles sind klassische Stress-Symptome.

Und jetzt kommt eine Nachricht, die dich sehr entlasten kann: 

Du bist nicht allein damit!

Diese gesteigerte Nervosität vor dem Sprechen betrifft sehr, sehr viele Leute. Verschiedenen Untersuchungen zufolge leiden 70-90% aller Menschen unter Lampenfieber; in ganz verschiedenen Ausprägungen. Anders gesagt:

 

Es ist ganz normal.

Fast alle kennen es, fast alle haben es. Lass diese Erkenntnis auf dich wirken und dir ein Stück Gewicht von den Schultern nehmen. Es ist nicht nur dein eigener Körper, der auf diese angespannte Situation voll aktiviert und aufgeregt reagiert. Fast allen anderen Menschen im Raum geht es in öffentlichen Sprech-Situationen ganz genauso.

Klar gesagt: du bist nicht die Einzige, die 'so krass reagiert'. Vielleicht kannst du dich mit diesem Wissen schon ein bisschen entspannen. 

Das eigentliche Problem mit der Aufregung vor dem Sprechen ist meist unsere ablehnende Reaktion darauf:  'Neeeein, das darf nicht sein! Nicht schon wieder!' Diese innere Reaktion ist verständlich: es fühlt sich ja erstmal doof und unangenehm an. Doch durch den inneren Widerstand dagegen wird es meist nur schlimmer: die Angst-Spirale dreht sich eine Ebene nach oben. 

Ein bis zum Hals klopfendes Herz zeigt natürlich an: ‚Achtung, Achtung, hier stimmt was nicht! Gleich passiert was – Gefahr im Verzug!‘ Auch, wenn die ‚Gefahr‘ einfach ein paar Leute sind, die dich angucken – und kein ausgehungerter Löwe, der gerade zum Sprung ansetzt. 

 

Dein Körper will vor dem Löwen davonlaufen.

Bei Stress schaltet unser ganzer Organismus nämlich in den Kampf-oder-Flucht-Modus. Der Körper könnte nun Höchstleistungen bringen: schnell davonlaufen oder sich dem Löwen todesmutig entgegenwerfen. Das sind Mechanismen in uns, die noch aus Urzeiten gespeichert sind – und auch beim Sprechen vor Publikum abgerufen werden. Selbst, wenn sie da gar nicht sinnvoll sind.

Denn Sprechen und große innere und äußere Anspannung vertragen sich nicht besonders gut: durch die gesteigerte Atmung rutscht die Stimme hoch, wo sie doch eigentlich im ‚Brustton der Überzeugung‘ klingen sollte. Die Hände ballen sich dicht am Körper zu Fäusten, wo sie das Sprechen doch einladend begleiten sollten.

Plötzlich funktionieren Körper, Stimme und Gedanken nicht mehr so, wie sie sollten. 

Klar, dass Lampenfieber da für viele ein Reizthema ist. Und der Wunsch vorherrschend ist: ‚das soll bitte einfach weggehen.‘ Ich kann diesen Stress vor dem Sprechen zwar nicht für dich wegzaubern, aber ich kann dir versichern: je öfter du dich deiner Angst vor dem öffentlichen Sprechen stellst, desto leichter wird es.

Durchs Machen lernst du deine Stress-Reaktionen immer besser kennen und merkst, dass du mit ihnen umgehen kannst. 

Du lernst durchs Machen deine eigenen Stress-Reaktionen immer besser kennen. Du merkst, was dir hilft, sie zu bewältigen. 

Zum Beispiel atmen: tief ein und tief ausatmen. Nach ein paar Atemzügen wirst du dich schon leichter fühlen. Oder du stellst dir genau vor, wie du erfolgreich vor anderen redest: wie sie dir begeistert zuhören und jedes deiner Worte mit einem zustimmenden Nicken begleiten.

Durch fortgesetzte Übung lernst du, auch bei Nervosität Blickkontakt zu deinem Publikum aufzunehmen. Oder dein Sprechen durch Gestik zu unterstützen. Ich erwähne diese beiden körperlichen Ausdrucksmittel, weil gerade Blickkontakt und Gestik bei Lampenfieber schnell abnehmen. Da ist uns nämlich mehr nach Vogel-Strauß-Taktik als danach, anderen offen zu begegnen.

 

Wenn du erstmal angefangen hast, wird es leichter! 

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Aber wenn du erstmal zu Sprechen angefangen hast, wird es mit jeder Sekunde besser: du gewöhnst dich daran, vor anderen zu reden und in der vollen Aufmerksamkeit zu stehen. Oft kommt es dann sogar zu einem sogenannten ‚turning point‘ und es fängt an, richtig Spaß zu machen. Das wünsche ich dir.

Denn das Allerwichtigste ist: Lass dich aus Angst vor dem Lampenfieber auf keinen Fall vom Sprechen abhalten! Du hast etwas zu sagen – also raus damit!

Im öffentlichen Sprechen liegen so viel Macht und Potential zur Veränderung: du kannst dich mit deinen Themen präsentieren und sie weiter in die Welt tragen. Deine Begeisterung und dein Engagement helfen, sie zu verbreiten.

 

Du bist nicht allein mit deinem Lampenfieber.

Es gehört zum öffentlichen Sprechen einfach dazu: es kommt, und es vergeht auch wieder. Und für manche Themen lohnt es sich, es kurz auszuhalten.

Nicke ihm innerlich freundlich zu und verbünde dich mit ihm, bevor du deinen Vortrag beginnst. So, als wolltest du ihm sagen: ‚Hallo Lampenfieber, da bist du ja wieder. Auf geht’s, wir machen das jetzt miteinander!'

Und dann: einatmen, ausatmen. Nochmal einatmen – und anfangen, zu sprechen.