So lernst du, langsamer zu sprechen

 
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Es gibt ganz unterschiedliche Typen von Sprecher*innen. Die eine wägt bedächtig jedes Wort ab und eine andere zischt wie ein Schnellzug durch ihre Aussagen. Vor allem, wenn Leute vor Publikum sprechen, verändert sich bei vielen plötzlich die Sprechgeschwindigkeit.

 

Beliebte Frage: ‘Wie lerne ich, langsamer zu sprechen?

Viele meiner Klient*innen beschreiben sich selbst so: ‚Ich rede immer so schnell – ich will lernen, langsamer zu sprechen.

Oder: ‚Ich spreche so schnell, dass ich immer Silben verschlucke.‘

Dann frage ich nach: ‚Hast du selbst den Eindruck, dass du zu schnell sprichst – oder ist das eine Einschätzung von außen, die dir gespiegelt wurde?

Dann kommt meist die Antwort: ‚Ja, mir wurde gesagt, ich rede ohne Punkt und Komma. Und dadurch würde man gar nicht mitkommen.

Oder: ‚Das kommt von meiner Chefin: Mein schnelles Sprechen wirkt wohl unsicher und es fällt schwer, mich dann ernst zu nehmen.‘

 

Du sprichst einfach in deinem Tempo.

Vielleicht kennst du auch dieses Paradoxon, das viele Schnellsprecher*innen erleben. Du selbst hast gar nicht den Eindruck, zu schnell zu reden. Oder du hast noch kein ausgeprägtes Bewusstsein dafür entwickelt und sprichst einfach in deinem Tempo.

Aber andere Menschen melden dir zurück, dass du zu schnell sprichst und dass sie dich deswegen nicht gut verstehen. Und erst durch diese Rückmeldung wächst bei dir das Bedürfnis, etwas zu ändern und in Zukunft langsamer sprechen zu wollen.

Viele Menschen mit einem hohen Sprechtempo reden auch schnell, weil sie Angst haben, dass die Zuhörer*innen ihnen sonst nicht zuhören würden. Dahinter steckt oft der (unbewusste) Wunsch, nicht zuviel von der Zeit des Gegenübers in Anspruch zu nehmen und schnell mit dem Sprechen fertig zu werden.

Doch dieses Verhalten ist leider kontraproduktiv: Es ist eine Illusion, dass durch ein schnelles Tempo beim Sprechen auch alle Informationen bei der anderen Person ankommen. Vielmehr passiert es, dass das Gegenüber nicht mehr folgen kann, überfordert ist und gedanklich abschaltet. Und dann war all die Mühe umsonst.

 

Du sprichst zu schnell, wenn du unsicher bist.

Das Schnellsprechen ist oft eine Folge von Unsicherheit und Lampenfieber. Vor einem Redeauftritt war dein Sprechtempo noch normal – doch sobald du vor den Leuten stehst, fängst du an, durch deinen Text zu rasen. Und zwar sprichwörtlich ohne Punkt und Komma: keine Zeit für Pausen, keine Zeit, um die Stimme zu senken. Frei nach dem Motto: Bloß schnell durchkommen und wieder runter vom Präsentierteller.

Wahrscheinlich hast du auch schon die Erfahrung gemacht, wie schwierig es ist, im Interesse anderer Personen langsamer zu sprechen. Damit bist du nicht allein: Die meisten Leute wissen nicht, wie sie plötzlich die eigene Sprechgeschwindigkeit senken können.

Außerdem ist das individuelle Sprechtempo neben dem situativen Faktor der Nervosität auch von dem eigenen Temperament geprägt, genauso wie durch regionale Muster und durch familiäre Prägung.

 

Du sprichst schneller, als andere denken können.

Manche Sprecher*innen haben auch einfach ein höheres Denk- und Leistungstempo: Sie sind mit ihren Gedanken einfach schon so viel weiter. Sie kennen ihre eigenen Inhalte aus dem ‘Effeff’ und gehen unbewusst davon aus, dass es allen anderen Menschen ebenso geht.

Doch ein schnelles Sprechtempo verlangt auch eine hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit der Zuhörer*innen. Gerade dann, wenn deine Inhalte für die anderen Leute neu sind, wirkt das schnell überfordernd.

Und selbst wenn das Publikum gerade noch folgen kann, kann sich durch das schnelle Sprechen von außen der Eindruck einstellen, dass die Sprecherin gestresst und unsicher ist. Die eigene innere Wirklichkeit und die äußere Wahrnehmung passen in Punkto Geschwindigkeit nicht notwendigerweise zusammen.

 

Ob du langsam oder schnell sprichst: Das Tempo prägt deinen Sprechausdruck.

Tempo gehört zu den nonverbalen Sprechausdrucksmerkmalen. Es ist ein mögliches sprecherisches Werkzeug, um Wirkung zu erzeugen.

Andere sind: die Art der Melodieführung, Lautstärke und Intensität oder Artikulation. Die Sprechgeschwindigkeit ist ein dynamisches Stilmittel und wichtig, um abwechslungsreich zu sprechen.

Denn es geht nicht darum, in dem immer gleichen Tempo zu sprechen. Wenn du immer gleich schnell sprichst, dann ist das sehr monoton. Durch ein dauerhaft zu hohes Sprechtempo schalten deine Zuhörer*innen irgendwann ab.

Und wenn du durchgängig zu langsam sprichst, passiert das gleiche. Zwar kannst du durch sehr langsames Sprechen kurzfristig Aufmerksamkeit erzeugen. Doch wenn du durchgängig jedes einzelnes Wort langsam sprichst, verlierst du sie auch: Deine Zuhörer*innen schlafen dir langsam weg.

 

Nicht einfach langsamer sprechen, sondern variantenreicher.

Deswegen ist das Ziel, dass du variantenreich sprichst. Dann wechselst du bewusst zwischen langsamem Sprechen und schnellem. Und allen Variationen dazwischen. Das kannst du trainieren.

Im übertragenen Sinne beherrschst du dann sowohl das Fahren auf der Landstraße, als auch auf der Autobahn. Sowohl Zeitlupe als auch Zeitraffer, Schneckentempo und Affenzahn. Erfahrene Sprecher*innen beherrschen das ganze Spektrum von Tempo-Variationen.

 

Deine Sprechgeschwindigkeit ist von 2 Faktoren abhängig: Artikulation und Pausen.

Zum einen hängt das Sprechtempo davon ab, wie viele Silben du in einer bestimmten Zeit sprichst, zB innerhalb von einer Minute. Daher kommt auch der häufige Zusammenhang von ‚Silben verschlucken‘ und ‚Schnellsprechen‘. Denn wenn du schnell sprichst, wird bei steigendem Tempo die Artikulation immer nachlässiger: Die Endsilben werden verschliffen oder fallen ganz raus. Deutliches Sprechen braucht einfach seine Zeit.

Zweitens wird das Sprechtempo davon beeinflusst, wie viele und wie lange Pausen du beim Reden machst. Viele Schnellsprecher*innen machen überhaupt keine Pausen und hängen einen Satz an den nächsten. Das ist mit ‚Sprechen ohne Punkt und Komma‘ gemeint.

Oft bleibt dann nicht einmal Zeit zum Luft holen oder zum Ausatmen, weder für die Sprecherin, noch für die Zuhörenden. Das bedeutet, dass die Sprecherin die Spannung nie löst und durch das schnelle, angestrengte Sprechen die Stimme immer höher rutscht.

Dadurch werden auch die Zuhörer*innen immer angestrengter und schalten schließlich innerlich ab: dann nehmen sie keinerlei Informationen mehr auf, wie schnell und engagiert du sie ihnen auch entgegenschleuderst.

 

3 Tipps, um langsamer zu sprechen

Deswegen bekommst du jetzt 3 Tipps, wie du lernen kannst, langsamer zu sprechen. Denn natürlich gibt es verschiedene Schrauben, an denen du drehen kannst.

Das Wichtigste ist wie immer: Wenn du wirklich etwas an deiner Sprechweise verändern willst, braucht es die innere Bereitschaft, Bewusstheit und natürlich Übung. Dann schaffst du es auch, verbunden, deutlich und im genau richtigen Tempo zu sprechen.

1.       Stärke die Beziehung zu deinen Zuhörer*innen durch Blickkontakt.

Einer der wichtigsten Einfluss-Faktoren rund um schnelles Sprechen ist der Blickkontakt. Also ein körperliches Ausdrucksmittel, das deine Beziehung zum Publikum prägt. Wenn du die Art und Weise des Blickkontakts stärkst und intensivierst, sinkt bei den allermeisten Leuten meiner Erfahrung nach auch das Sprechtempo.

Warum ist das so?

Wie ich oben geschrieben habe, hängt das zu schnelle Reden sehr oft mit Unsicherheit und Lampenfieber zusammen. Oder mit der irrigen Annahme, für die anderen wäre das eigene Wissen auch selbstverständlich. In beiden Fällen baust du eine unsichtbare Barriere zwischen dir und deinen Zuhörer*innen auf.

Blickkontakt verringert sich durch Unsicherheit.

Bei Sprechängsten und Nervosität fällt Blickkontakt sehr schnell weg. Du bist zwar in einer Sprechsituation körperlich anwesend, aber ein Teil von dir möchte lieber nicht da sein, nicht angeschaut werden und in Beziehung treten.

Deswegen weichst du dem Augenkontakt aus und suchst ihn auch nicht selbständig. Dann bekommst du aber auch keine Rückmeldung mehr, ob deine Aussagen ankommen und deine Zuhörer*innen noch bei dir sind. Also sprichst du in einem Tempo, das ein Ausdruck deiner momentanen Nervosität ist: quasi auf Autopilot und sehr schnell. Das Motto ist im wahrsten Sinne des Wortes dann: ‚Augen zu und durch‘.

Dein Publikum ist nicht so schnell wie du.

Auch wenn du davon ausgehst, dass deine Zuhörer*innen inhaltlich schon fast genauso weit sind wie du, sprichst du auf Autopilot und rast durch deinen Vortrag. Manchmal nur noch mit dem Blick auf die PowerPoint und ohne zu überprüfen, ob all deine schönen Inhalte auch ankommen. Du sprichst dann nicht verständlich, sondern nur für dich.

Doch selbst wenn es inhaltlich theoretisch auf Zack sind, ist für dein Publikum vieles neu: die Situation, du als Vortragende, die Art der Wissensaufbereitung… Sie brauchen Zeit und die Beziehung zu dir, um bei deinem Vortrag dabeizubleiben.

Schau die Leute an, um langsamer zu sprechen.

Also: Augen auf. Geh in Beziehung zu deinem Publikum. Schau die Leute an, sprich ihnen deine Sätze direkt zu. Für alle Lampenfiebrige ist Blickkontakt mit den Leuten wichtig, denn nur dann können sie sehen, wie freundlich und zugewandt die meisten sind.

Und für die inhaltlichen Autopilotinnen ist Blickkontakt das optimale Mittel, um die Inhalte noch wirkungsvoller und nachdrücklicher zu senden, und dadurch das Sprechtempo automatisch zu variieren.

 

2.       Mach Pausen und senke deine Stimme am Ende eines Satzes.

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Erinnere dich: Das Tempo deines Sprechens hängt auch davon ab, wie lange deine Pausen sind. Und wie viele Pausen du machst. Mit einer Pause gliederst du deine Äußerungen.

Sie geben deinen Gesprächspartner*innen und deinem Publikum die Möglichkeit, zu verarbeiten, was du sagst. Außerdem kannst du durch gezielte Pausensetzung deine Äußerungen unterstreichen und ihren Sinn verdeutlichen.

Blickkontakt und Pausen hängen zusammen.

Du kannst das Bewusstsein für deine Pausen auch dadurch verstärken, dass du Blickkontakt zu einer Person hältst, während du einen Satz oder Teil eines Satzes an sie sendest.

Bleibe am Ende des Satzes oder nach einer Sinneinheit noch ein bisschen länger mit deinem Blick bei dieser Person und lass das Gesagte nachwirken. Dann wendest du dich einer anderen Person zu. Dadurch wird dein Sprechen abwechslungsreicher, direkter und durch Pausen gestalteter.

Plane deine Pausen und notiere sie dir.

Wenn du mit Stichwortzettel sprichst, dann notiere dir die Pausen direkt darauf. Am besten ein großes, eingekringeltes ‚P‘ oder Ähnliches. Etwas, was dich daran erinnert, an dieser Stelle deines Vortrags auch tatsächlich innezuhalten und durchzuatmen.

Setze einen hörbaren Punkt am Ende deiner Aussage.

Und achte darauf, am Ende eines Satzes mit der Stimme runterzugehen. Mach eine bewusste Stimmsenkung oder einen Tiefschluss. Das bedeutet nicht, dass du die Stimme akustisch ‚in die Tiefe drückst‘, sondern dass du beim Sprechen einen hörbaren Punkt machst.

Dadurch senkst du die Stimme im Rahmen deines sprecherischen Umfangs und alle können hören: hier endet eine Sinneinheit. Und danach beginnt etwas Neues.

 

3.       Achte auf deine Artikulation: Sprich deutlich.

Ob deine Zuhörer*innen dich gut verstehen können, hängt neben deinem Sprechtempo auch davon ab, wie deutlich du artikulierst. Das bedeutet, wie präzise du beim Sprechen die einzelnen Laute und Lautverbindungen ausformst und gegeneinander abgrenzt. Wie stark du deinen Sprechwerkzeuge (Zunge, Unterkiefer, Lippen usw.) bewegst, während du sprichst.

Wenn dir gesagt wird, dass du nuschelst, dass du undeutlich sprichst oder dass du Silben verschluckst, dann artikulierst du also nicht präzise genug. Oft wirkt das Sprechen dann auch unsicher und nicht sehr überzeugend.

Für deutliches Sprechen brauchst du mehr Zeit.

Versuche, Silben und Endungen deutlich zu sprechen. Dafür brauchst du natürlich mehr Zeit, weil sich dein ganzer Sprechapparat mehr bewegt. Du schlägst zwei Fliegen mit einer Klappe: Deine Aussprache wird deutlicher und du sprichst langsamer.

Deutliche Artikulation kannst du zB mit Zungenbrechern üben. Das sind Übungssätze zur Aussprache. Ich bin mir sicher, du kennst schon einige davon. Um einen Zungenbrecher richtig rüberzubringen, brauchst du kein Tempo, sondern Präzision.

Nimm dir zum Aussprechen unbedingt die Zeit, die du brauchst, um die unterschiedlichen Laute differenziert und deutlich zu bilden. Jeder Zungenbrecher übt eine andere Art von Wechsel zwischen Lauten.

Ein paar Beispiele für Zungenbrecher:

  • Zwischen zwei Zwetschgenzweigen zwitschern zwei Schwalben.

  • Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid.

  • Der Cottbusser Postkutscher putzt den Cottbusser Postkutschkasten.

  • Tschechische Stretch-Jeans mit Strass-Steinchen.

  • Schnalle schnell die schnellen Schnallenschuhe an.

 

Durch variantenreiches, deutliches Sprechen wirst du besser verstanden.

Du kannst lernen, langsamer zu sprechen. Es liegt in deinem Interesse ebenso wie in dem deiner Zuhörer*innen. Du wirst besser verstanden und kannst deine Inhalte deutlicher senden. Wobei es nicht darum geht, schnelles Reden einfach nur zu vermeiden. Vielmehr ist es wichtiger, dass du variantenreich sprichst.

Das gelingt dir, indem du die Beziehung zu deinen Gesprächspartner*innen oder deinem Publikum durch Blickkontakt stärkst. Darüber hinaus kannst du darauf achten, Pausen zu machen und deine Stimme am Ende eines Satzes zu senken. Und auch durch präzise Artikulation verringerst du dein Sprechtempo: weil du für deutliches, abwechslungsreiches Sprechen mehr Zeit brauchst.

Mit diesen 3 Maßnahmen und einem Schuss Bewusstsein sprichst du deutlicher und im genau richtigen Tempo.